Herr Larisch, was bedeuten niedrige Zinsen und die hohe Inflation für die Planung meiner Altersvorsorge?
Die derzeitige Phase erhöhter Teuerungsraten für Waren und Dienstleistungen sollte für jeden Verbraucher Anlass sein, sich mit der Altersvorsorgeplanung zu beschäftigen. Denn mit ihrer gesetzlichen Rente werden sich die Rentnerinnen und Rentner von morgen bekannterweise künftig weniger leisten können. Bei einer Inflation von zwei Prozent über 20 Jahre reduziert sich die Kaufkraft beispielsweise um rund ein Drittel. Heutige 1.000 Euro sind dann nur noch 673 Euro wert. Bei einer Inflation von 3,8 Prozent wären es sogar nur noch 474 Euro.
Wie kann ich verhindern, durch die Inflation im Alter zu wenig Geld zu haben?
Verbraucher sollten strategisch vorgehen und nicht unüberlegt handeln – und sich zwei zentrale Fragen stellen: Wie groß wird mein fehlendes Einkommen unter Berücksichtigung der Inflation – also der Unterschied zwischen meinem Einkommen aus gesetzlicher und Betriebsrente und meinen Ausgaben ab Rentenbeginn – sein? Und: Mit welchem Anlagemix kann ich langfristig eine Rendite oberhalb der Inflationsrate erwirtschaften und so meine Einkommenslücke ab Rentenbeginn schließen?
Wie können Verbraucher ihre persönliche Einkommenslücke im Alter berechnen?
Wichtig ist eine detaillierte Finanzplanung, die Einkommen und Ausgaben nach der Erwerbstätigkeit berücksichtigt. Als Einkommen zählen dabei vor allem die gesetzliche Rente sowie eine mögliche Betriebsrente. Die späteren Rentenansprüche mit Anpassungen liefern die jährlichen Renteninformationen; Details zu Betriebsrentenansprüche erhalten Arbeitnehmer vom Arbeitgeber.
Als Basis für die Ausgaben ab Rentenbeginn dient der heutige Lebensstandard. Diesen sollte man in konkreten Zahlen denken und dabei auch Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sowie Einkommensteuer beachten, die die meisten Rentner werden zahlen müssen. Hinzu kommen im Alter möglicherweise höhere Ausgaben für Gesundheit, Mobilität und Handwerker. Ab Rentenbeginn können jedoch auch Ausgaben wie Beiträge für Berufsunfähigkeitsversicherungen und Kreditraten wegfallen.
Um die im Alter tatsächlich benötige Summe zu erhalten, rechnet man die ermittelte Zahl mit einer jährlichen Inflationsrate hoch – als Minimum dienen die von der Europäischen Zentralbank angestrebten zwei Prozent.
Aufgrund der sich verändernden Inflationsraten in der Zukunft, sollte eine solche Planung alle drei bis fünf Jahre wiederholt werden.
Mit welchen Finanzprodukten kann die errechnete Lücke geschlossen werden? Hat die Inflation auch eine Auswirkung auf deren Auswahl?
Ja, auch bei der Auswahl des Anlageportfolios sollte die Inflation mitgedacht werden. Verzinste Finanzprodukte wie Tages- und Festgeld oder Anleihen haben in der Vergangenheit nur selten eine Realrendite über der Teuerungsrate abgeworfen. Auch die in letzter Zeit stark gestiegenen Zinsen sind noch nicht ausreichend.
Trotz Wertschwankungen können nur Aktienmarktrenditen die Kaufkraft des angelegten Geldes langfristig erhöhen. Wichtig für eine effiziente und inflationsgeschützte Altersvorsorge ist ein wohl überlegter Mix aus Aktien-ETF-Indexfonds sowie Tages- und Festgeld. Der Aktienmarktanteil im Portfolio ergibt sich dabei aus der individuellen Risikobereitschaft und Risikotragfähigkeit. Tages- und Festgeld sorgen trotz der niedrigen Realverzinsung für die Stabilität des Portfolios.
Was ist von privaten Rentenversicherungsprodukten zu halten?
Von diesen rate ich ab. Sie lassen von der möglichen erzielbaren Rendite nach Abzug der mehrheitlich hohen Vertragskosten deutlich weniger übrig. Dies ist ein Einfallstor für die inflationsbedingte Kaufkraftentwertung. Die Höhe der garantierten Rente fällt bei Rentenversicherungen aufgrund einer sehr vorsichtigen Kalkulation der Unternehmen zudem sehr niedrig aus. Bei den meisten privaten Rententarifen müsste man länger als 100 Jahre leben, um das eingezahlte Geld zurückzuerhalten.